Wahl des Kältemittels bei Großwärmepumpen

Die Wahl des Kältemittels ist ein zentraler Faktor bei der Auslegung und dem Betrieb von Großwärmepumpen. Ein geeignetes Kältemittel muss verschiedene Anforderungen erfüllen, um eine effiziente und sichere Funktion der Anlage zu gewährleisten sowie wirtschaftlichen und regulatorischen Anforderungen zu genügen.

 Die Abbildung zeigt die wichtigsten Auswahlkriterien für Kältemittel in Großwärmepumpen. Neben thermodynamischen Eigenschaften wie Temperaturbereich, volumetrischer Wärmekapazität und Druckniveau sind technische Aspekte wie Materialverträglichkeit, Umweltverträglichkeit, Toxizität und Entflammbarkeit sowie wirtschaftliche Faktoren und der Einfluss auf die Effizienz zu berücksichtigen.
Auswahlkriterien für Kältemittel, © Fraunhofer IEG 2024
Die Abbildung zeigt die zeitliche Entwicklung der eingesetzten Kältemittel. Bis in die 90er Jahre wurden FCKWs verwendet, die die Ozonschicht schädigten. Diese wurden durch HFKWs ersetzt, die jedoch ein hohes Treibhauspotenzial aufweisen und seit 2015 durch die F-Gasverordnung schrittweise vom Markt verdrängt werden. Heute kommen zunehmend synthetische HFOs, die PFAS enthalten können, sowie natürliche Kältemittel zum Einsatz.
Entwicklung von eingesetzten Kältemitteln, © Fraunhofer IEG 2024

In den letzten Jahrzehnten haben sich Kältemittel aufgrund des wachsenden Umwelt- und Klimaschutzbewusstseins erheblich verändert. Bis in die 1990er Jahre wurden überwiegend Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) verwendet, die jedoch durch ihr hohes Ozonabbaupotenzial (ODP) die Ozonschicht stark schädigten. Seit 1995 gilt in Deutschland die Vorgabe eines ODP von Null, was zur Ablösung von FCKW durch teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) führte. Diese Ersatzstoffe weisen jedoch ein erhebliches Treibhauspotenzial (GWP) auf, weshalb die F-Gase-Verordnung eine schrittweise Reduktion der HFKW-Kältemittel bis 2030 vorsieht. Als Alternative werden zunehmend Hydrofluorolefine (HFO) eingesetzt, synthetische Kältemittel mit deutlich niedrigerem GWP. Eine weitere Herausforderung ist die Langlebigkeit und Umweltpersistenz synthetischer Kältemittel. Diese beinhalten in der Regel per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS), die sich in der Umwelt und dem Menschen anreichern können und mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht werden. Aufgrund dieser Problematik werden in der EU Verbote von PFAS-Verbindungen diskutiert, was die Entwicklung für den Einsatz natürlicher Kältemittel vorantreibt. Diese sind umweltfreundlich und können einen breiten Anwendungsbereich abdecken, wobei teilweise Eigenschaften der Toxizität und Entflammbarkeit zu berücksichtigen sind.

Die Abbildung zeigt den Temperaturbereich, in dem ausgewählte HFKWs, HFOs und natürliche Kältemittel unter verallgemeinerten Annahmen eingesetzt werden können.
Temperaturbereiche von ausgewählten Kältemitteln, © Fraunhofer IEG basierend auf Arpagaus 2019

Zunächst spielen die thermodynamischen Eigenschaften des Kältemittels eine entscheidende Rolle, da sie maßgeblich die Effizienz und den Einsatzbereich der Wärmepumpe beeinflussen. Die Wahl des Kältemittels in Großwärmepumpen hängt stark von den geforderten Quellen- und Senkentemperaturen ab.

Für Vorlauftemperaturen bis 80 °C sind die synthetischen Kältemittel R410a und R134a weit verbreitet. Eine natürliche Alternative in diesem Bereich ist Ammoniak (R717), das auch für Temperaturen bis 110 °C geeignet ist. Propan (R290) stellt ebenfalls eine umweltfreundliche Option für Temperaturen bis 80 °C dar.

Kältemittel wie Kohlenstoffdioxid (R744) werden in Systemen eingesetzt, die Vorlauftemperaturen zwischen 80 °C und 120 °C erreichen. CO₂-Wärmepumpen arbeiten besonders effizient bei großen Temperaturdifferenzen zwischen Vor- und Rücklauf, indem sie Wärme durch Gaskühlung abgeben.

Für Anwendungen oberhalb von 120 °C kommen häufig Kohlenwasserstoffe wie Iso-Butan (R600a), Butan (R600) oder Pentan (R601) sowie synthetische Hydrofluorolefine (HFO) wie R1336mzz(Z), R1233zd(E) und R1234ze(Z) zum Einsatz. Für Hochtemperaturanwendungen ab 160 °C, etwa zur Bereitstellung von Prozesswärme und Prozessdampf, ist Wasser (R718) ein bevorzugtes Kältemittel.

Die Abbildung zeigt die Kältemittelklassifizierungen nach ISO 817, einschließlich beispielhafter Kältemittel. Diese Norm unterteilt Kältemittel basierend auf ihrer Entflammbarkeit und Toxizität.
Kältemittel Klassifizierung nach ISO 817, © Fraunhofer IEG 2024

Insbesondere einige natürliche Kältemittel weisen im Vergleich zu synthetischen Alternativen die Eigenschaft auf, brennbar oder toxisch zu sein. Dies betrifft vor allem die Kohlenwasserstoffe, die entflammbar sind, sowie Ammoniak, das eine hohe Toxizität aufweist. Im Gegensatz dazu sind die natürlichen Kältemittel CO₂ und Wasser in Bezug auf Brennbarkeit und Toxizität unproblematisch. Zwar lassen sich die Risiken von Brennbarkeit und Toxizität durch technische Sicherheitseinrichtungen beherrschen, dennoch können sie die Einsatzmöglichkeiten in bestimmten Bereichen einschränken.

Natürliche Kältemittel

Natürliche Kältemittel sind umweltfreundlich, daher nicht von Regularien wie der F-Gas-Verordnung oder etwaigen PFAS-Verboten betroffen. Sie decken einen breiten Temperaturbereich ab und bieten daher eine attraktive Alternative zu synthetischen Kältemitteln, wobei je nach Anwendungsfall unterschiedliche Kältemittel in Betracht gezogen werden können:

Ammoniak (R717) ist eines der ältesten und am besten erprobten Kältemittel, das seit vielen Jahrzehnten eingesetzt wird und eine breite Erfahrung in der Praxis aufweist. Es wird häufig in industriellen Anwendungen verwendet, insbesondere in Fernwärmenetzen, aufgrund seiner Effizienz und hohen Vorlauftemperaturen von bis zu 110 °C. Allerdings erfordert der Betrieb von Ammoniak-Anlagen aufgrund seiner Entflammbarkeit und Toxizität gewisse Sicherheitsvorkehrungen, die zu beachten sind. Ein weiterer Aspekt ist das hohe Druckniveau, das für ein effizienten Betrieb zu berücksichtigen ist.

Kohlendioxid (R744) als Kältemittel bietet zahlreiche Vorteile und zeichnet sich durch seine Umweltfreundlichkeit aus. Es ist nicht entflammbar und nicht toxisch, was es zu einer sicheren Wahl für verschiedene Anwendungen macht. CO₂ hat eine hohe volumetrische Kälteleistung und arbeitet besonders effizient bei großen Temperaturhüben mit Senkentemperaturen bis 120 °C.

Ein besonderes Merkmal von CO₂ ist der transkritische Einsatz: Bei diesen Bedingungen erfolgt während der Wärmeabgabe an die Senke keine isotherme Kondensation mehr, sondern das Gas kühlt in einem Gaskühler ab, was eine besondere Rücklaufkontrolle erfordert. Zudem sind Quellentemperaturen unterhalb von 30 °C notwendig. Das Kältemittel ist demnach gut geeignet für niedrige Quellentemperaturen und flexibel einsetzbar, insbesondere in Wärmepumpen, die sowohl Heiz- als auch Kühlfunktionen erfüllen müssen.

Neben Propan (R290), was eine natürliche Alternative bei Senkentemperaturen bis 80 °C darstellt, eignen sich Kohlenwasserstoffe wie Butan (R600), Pentan (R601) und Isobutan (R600a) als Kältemittel für Anwendungen bei hohen Temperaturen. Das macht sie besonders attraktiv für die Bereitstellung industrieller Prozesswärme sowie für Fernwärmeanwendungen. Durch ihr vergleichsweise geringes Druckniveau ist auch ein transkritischer Betrieb denkbar, der Temperaturen von 200 °C und darüber hinaus ermöglichen kann.

Allerdings erfordert der Einsatz von Kohlenwasserstoffen Sicherheitseinrichtungen, da sie entflammbar sind. Diese Eigenschaft macht eine sorgfältige Planung und Überwachung im Betrieb notwendig. Der sichere Umgang mit diesen Stoffen in industriellen Anlagen gehört zum etablierten Stand der Technik.

Wasser als Kältemittel bietet zahlreiche Vorteile, darunter die Möglichkeit, hohe Temperaturen von 200 °C und mehr zu erreichen. Das Kältemittel ist umweltfreundlich, weit verfügbar und äußerst kostengünstig. Da Wasser weder toxisch noch entflammbar ist, sind keine besonderen Sicherheitskonzepte erforderlich. Wasser kann zudem in offenen Wärmepumpensystemen (MVR) direkt als Prozessdampf genutzt werden. Damit ist dieses Kältemittel gut geeignet für den Einsatz in energieintensiven Bereichen wie der Lebensmittel-, Chemie-, oder Papierindustrie auf Basis von beispielsweise industrieller Abwärme oder Tiefengeothermie als Wärmequelle.

Allerdings muss die Quellentemperatur hoch genug sein. Bei Temperaturen unterhalb von 100 °C wäre ein Betrieb im Unterdruck erforderlich, was zu großen Anlagen und hohen Volumenströmen führen würde. Eine bessere Lösung wäre daher ein zweistufiges System, bei dem im unteren Temperaturbereich ein anderer Kältemittelkreislauf verwendet wird. Für den Betrieb bei hohen Temperaturen müssen vor allem die Verdichter auf die hohen Drücke und Temperaturspitzen ausgelegt werden, was Maßnahmen wie Zwischeneinspritzung sowie Anpassungen von Dichtungen und Ölen erfordert.